Anti-Jagd-Erziehung! Teil 2.

Oder die Veranlagung in kontrollierte Bahnen lenken.

Zu Teil 1

hund-schwarz-jagdHaben Sie das auch schon erlebt? Sie verlassen das Haus oder das Auto und Ihr Hund ist gedanklich völlig gefangen. Er achtet nicht mehr auf Sie. Er orientiert sich nur noch in der Umgebung, ist nicht mehr ablenkbar und will nur noch „sein Ding“ machen.

Dieses orientierende Appetenzverhalten ist ein Suchverhalten, das dem Aufspüren eines Beutetieres dient und zunehmender Abstandsverringerung an das Objekt (Fedderssen 2008). Bei größeren Beutetieren oder einem geänderten Beuteschema wie Autos, Radfahrer, Jogger, Bälle usw., erfolgt nach dem Aufspüren das hinterher Hetzen. Jetzt helfen in der Regel auch kein Rufen, Trillerpfeife oder der ultimative Rückruf. Als Betroffener haben sie sicher schon diese Erfahrung gemacht.

Was sollte ich tun?

Ausgleich schaffen.
Bei einem jagdlich sehr motivierten Hund gilt es neben der Erziehung einen Ausgleich zu schaffen. Es ist dem Hund gegenüber unfair, Disziplin und Konzentration abzuverlangen, die in der Erziehung vonnöten sind und zugleich den entspannenden und glücklich machenden Effekt des Jagdverhaltens zu verbieten. Als Ausgleich zur freien ungehemmten Jagd ist das Spiel mit seinen Menschen oder anderen Hunden eine teilweise Alternative. Vielleicht kennen Sie schon Arbeit und Beschäftigung mit Fährtenarbeit, Dummy Training, Longieren, ausreichend Bewegung usw. Der Fantasie sollen keine Grenzen gesetzt sein. Wichtig ist, der Spaß an der Sache sollte immer dabei sein. Unreflektierte „Spiele“ wie etwa Bälle und Stöcke werfen, sollten jedoch vermieden werden. Dieses Verhalten fördert eher die jagdliche Passion.

Leine für immer?

Manche Hunde sind von Rasse, Genetik und Erlerntem weder durch strenges Reglementieren, Ablenken bzw. Umlenken oder intensives Schleppleinentraining von Ihrer tief verwurzelten Begeisterung für die Jagd abzubringen. Hier heißt es für den Halter in „gefährlichen“ Gebieten wie Wald und Flur und entsprechenden Tageszeiten wie Dämmerung, den Hund zur Sicherung die Leine zu nehmen.

Immer bei der Sache sein.

Sich anbahnendes Jagdverhalten ist erkennbar. Sie als Hundehalter müssen während des Freilaufs immer mit einem Teil der Konzentration bei Ihrem Hund sein. So können Sie das Suchverhalten nach Beute frühzeitig unterbrechen und die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Wenn die Distanz zu Ihrem Hund zu groß wird, so sollten Sie diese durch Rückruf oder Stopp-Signal verringern. Als allgemeine Faustregel gilt, je größer die Entfernung, desto unsicherer der Rückruf.

Abbruchsignal und Frustrationstoleranz!

Ein Abbruchsignal sollte Ihr Hund schon von Welpenbeinen auf Erlernen. Das wird zu Anfang mit jagdlichen Situationen nichts zu tun haben. Abbruchverhalten bedeutet allgemein, das der Hund die augenblickliche Tätigkeit zu Unterbrechen hat. Bei entsprechender Erziehung lernt Ihr Hund bei „Nein“ seine Tätigkeit zu Unterlassen und seine Aufmerksamkeit zu Ihnen zu wenden. Üben Sie dieses „Nein“ in unterschiedlichen Orten, Situationen und Tageszeiten. So generalisiert es sich und bekommt damit eine dauerhafte Gültigkeit. Wenn Sie sich jetzt fragen, wie das in der Praxis zu handhaben ist, so kann ich Ihnen sagen, für jeden Halter und Hund ist es sehr individuell. Bei fehlender Erfahrung sollten Sie mich kontaktieren oder einen Trainer Ihres Vertrauens.

Auf das Abbruchsignal zu hören und es dann auch längerfristig einzuhalten, ist begleitet von einer Toleranz gegenüber Frustrationen. Wie auch bei uns Menschen gibt es bei den Hunden verschiedene Charaktere, die Frustrationen besser oder weniger schlecht aushalten. Besonders sehr impulsive Hunde haben damit größere Schwierigkeiten. Auch hier gilt von klein auf ein gewisses Maß an Frustrationen ertragen zu lernen. Auch wir Menschen können nicht immer unseren Impulsen sofort nachgeben und müssen den Frustrationen des Alltags standhalten. Denken Sie nur an einem Montagmorgen im Büro, während draußen schönstes Sommerwetter ist. Was wohl Ihr Chef sagen würde, wenn Sie aufstehen und an den nächsten See zum Schwimmen gehen. Sie haben von klein auf gelernt, nicht allen Impulsen sofort nachzugeben, und sind somit auch geübt mit diesem Frust umzugehen.

Impulskontrolle trainieren!

Nicht jedem Impuls sofort nachzugeben erfordert Selbstbeherrschung. Sie können das mit Ihrem Hund zuerst in gestellten Situationen üben. In Alltagssituationen dann, die sich Ihrer Kontrolle entziehen, kann dann die Impulskontrolle weiter trainiert werden. Auch hier gilt, dass jedes Hund-Halter-Team sehr unterschiedlich ist und ich keine allgemeingültigen „Tricks“ hervorzuzaubern vermöge. Das wäre unseriös.

Orientierung einfordern!

Mit der Aufmerksamkeit immer bei seinem Hund sein. Unsere Hunde sind die besten Beobachter unserer Konzentration. Es gibt nicht wenige Hunde, die im Freilauf auf den Augenblick warten, der einen unbeobachteten Moment Ihres Menschen verspricht und sich dann im Unterholz davon schleichen. Erst einmal außer Reichweite kann ungehemmt der Jagd nachgegangen werden. Somit fällt Ihnen die nicht leichte Aufgabe zu, im Freilauf ständig darauf zu achten, dass ein Teil der hundlichen Aufmerksamkeit immer bei Ihnen ist. Verliert ihr Hund sich in eine Fährte oder durch fixierende Blicke, so müssen Sie die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Das sollte Ihnen gelingen, wenn Sie entsprechendes Training mit Ihrem Hund gemacht hatten. Aber auch das alles erfordert Übung, Beobachtungsgabe und einen gewissen Spaß daran.

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